Letzte Woche erhielt ich diese Frage und den folgenden Aufruf:

Diese Frage und Aufforderung teile ich nicht. Und ich habe tatsächlich lange darüber gebrütet, ob und wie ich zu mehr Frieden und Verbindung in der Welt in einer solchen hocheskalierten Situation beitragen will und kann.

Ich will beitragen: mein aktueller Weg ist der, in Stille zu gehen. Weder in der Öffentlichkeit noch im privaten Leben Position zu beziehen. Meiner Erfahrung nach, heizt es die Kriegsstimmung mehr und mehr an.

Auch ich habe Angst und auch ich will keinen Krieg. Die entstehenden Diskussionen sind alle von Angst, Vorwürfen und Ohnmacht geprägt, so meine Wahrnehmung. Auf der Argumentationsebene kann und will ich nicht ansetzen. Auf der Empathie-Ebene fehlt mir manchmal die Kraft und ich merke, ich brauche selbst auch Empathie für meine Sichtweise. Deshalb bleibe ich selbst-empathisch mit mir verbunden.

Es gibt auch persönliche Gründe, weshalb ich aktuell die Stille für mich vorziehe. Betonen möchte ich, dass Stille für mich nicht gleichzusetzen ist mit Schweigen oder Nichts-Tun.

Das „Wie“ des Beitragens ist für mich dabei wichtig. Mein Weg ist es, die GFK weiter zu verbreiten – ohne politische Motivation (auch wenn die GFK für Social Change steht und damit auch ein politisches Werkzeug ist). Über alle möglichen Kanäle (Newsletter, Blogbeiträge, Seminare, Bücher, …)– losgelöst von den aktuellen weltpolitischen Themen, da gibt es ja noch einiges mehr, was uns als Menschheit Angst machen sollte und in den nächsten Jahren bevorsteht. So möchte ich beitragen.

Die GFK ist Methode und Haltung. Für mich ist sie vor allem Haltung. Das bedeutet für mich nicht automatisch aktiv zu werden.

Die GFK-Trainer*innen, die ich kenne, haben große Sehnsucht danach, etwas zu bewirken und für den Frieden aktiv zu sein. Und mit Menschen in Verbindung zu kommen, um dann mehr Wirkung zu erzielen.

Heute habe ich mich doch entschlossen, zu diesem Thema gezielt einen Beitrag zu leisten. Hier in unserem Blog. Inspiriert von einem Workshop, den Irmtraud letztes Jahr im Rahmen des NVC Rising Festivals gegeben hat:

Ü2: Irmtraud Kauschat - '-ismus'-Wörter - Schutz des Lebens - wann Empathie, wann Selbst-Ausdruck
Und darum ging es: Wenn Menschen Wörter verwenden, die wir als -ismus-Wörter identifizieren, wie Rassismus, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit ... Dann zucke ich vielleicht zusammen, fühle mich unwohl, bin erschrocken. Viele andere Gefühle können auftauchen.

Dann frage ich mich - nach der Selbst-Einfühlung - ob es Zeit für Empathie oder Selbst-Ausdruck ist und sage STOPP? Hängt es vielleicht davon ab, wer die andere Person ist? Würde ich eine andere Strategie wählen, wenn es mein Vater/meine Mutter oder ein Politiker wäre? Habe ich ein Feindbild über die andere Person? Möchte ich es verändern?

Es gab zu diesem Workshop einen Übungsbogen für 

• Selbst-Einfühlung
• Empathie
• Selbst-Ausdruck

in verschiedenen Sprachen (hier in alphabetischer Reihenfolge zur Verfügung gestellt):

Deutsch, Englisch,  Japanisch, Russisch. Die ukrainische Version - wurde für diesen Blogbeitrag neu erstellt

Ein Schritt zu mehr innerer Klarheit und vielleicht sogar innerem Frieden oder Ruhe kann es sein, einen Selbst-Einfühlungsprozess auf Basis der vier Schritte der GFK zu machen. Vielleicht bist du im Anschluss bereit für einen empathischen Blick eines anderen Menschen? Oder siehst dich gut aufgestellt, einen Selbst-Ausdruck zu machen?

Ü2: Wie ist das für dich? Vielleicht merkst du, du würdest gerne etwas unternehmen?

Vielleicht denkst du in Bezug auf den aktuellen Krieg in Kategorien oder Verallgemeinerungen, die dir Schutz und inneren Abstand zu deiner Angst oder Ohnmacht ermöglichen? 

Du bist herzlich eingeladen, dich in dich selbst einzufühlen und für dich mehr Klarheit über deine Gefühle, Bedürfnisse, Absichten zu erlangen.

Noch eine Ergänzung von mir, Irmtraud.

Am 4. März 2022 hatte eine meiner GFK-Bekannten aus der Ukraine eine Zoom-Konferenz mit einem Trainer und einer Trainerin aus Russland organisiert, die ihre jeweiligen Teilnehmer*innen eingeladen hatten.Insgesamt waren wir 95 Menschen aus beiden Ländern.

Es ging darum, wie wir mit Schuld und Scham umgehen (von den russischen Teilnehmer*innen) und wie mit Ärger, Wut und Hass (von den ukrainischen Teilnehmer*innen). Es gab auch Fragen, wie der Widerstand in Deutschland im 3. Reich organisiert war, ob sie davon etwas lernen könnten.

Die am schwierigsten zu beantwortende Frage war, wie sich Frauen vor Vergewaltigungen durch russische Soldaten schützen können. Dazu konnte ich nur sagen, dass es wichtig ist, dass wir diese Frauen nicht beschuldigen, sondern ihnen all die Einfühlung zukommen lassen, deren wir fähig sind, damit sie nicht doppelt leiden. In diesem Moment besonders war eine tiefe Verbindung zwischen allen Teilnehmenden zu spüren, eine tiefe Trauer.

Das Feedback am Ende war, dass sich die GFK-Übenden der beiden Länder zum ersten Mal getroffen haben und es noch nie so viele bei irgendwelchen Veranstaltungen waren. Sie waren dankbar für die Gelegenheit, sich als Menschen zu begegnen.

Teile diesen Beitrag gerne mit den Menschen, von denen du denkst, es könne für sie auch interessant, wichtig und hilfreich sein.

Viele Grüße Birgit und Irmtraud

Das Angebot ist offen für alle, die einen empathischen Austausch auf Basis der GFK zur aktuellen Russland-Ukraine Lage wünschen.

Wir erfüllen uns damit die Bedürfnisse nach Beitragen, Wachstum, Sinnhaftigkeit und Verbindung. 

Wenn du mitmachen möchtest, melde dich hier kostenfrei an.

• Christiane Welk – zert. Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation (CNVC), Lehrerin i.R., arbeitet seit 2008 im Projekt „GFK, Mediation und Versöhnung in Kenia“
• Sebastian Lenz - Flugkapitän i.R, in Ausbildung zum Mediator
• Birgit Schulze – Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation, Wirtschaftsmediatorin (IHK), Autorin verschiedener Fachbücher zur GFK

Wann: Samstag, 12.03.2022, 9 bis 11 Uhr

Wo: Zoom – Anmeldeinfos erhältst du eine Stunde vorher, hier kannst du dich anmelden

Wieviel: max. 100 Teilnehmende

Kosten: keine